Ab 06. Juli 2017 im Kaufhandel erhältlich:
Die schönen Tage von Aranjuez (2016) 3D (Blu-ray 3D) Info
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Wim Wenders' Drama "Die schönen Tage von Aranjuez" ab 06. Juli 2017 in 3D auf Blu-ray Disc - Blu-ray News
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https://www.screendaily.com/reviews/the-beautiful-days-of-aranjuez-venice-review/5108986.article
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http://www.dw.com/en/new-wim-wenders-film-searches-for-the-meaning-of-life/a-37270776
New Wim Wenders film searches for the meaning of life
Wim Wenders' latest film, "The Beautiful Days of Aranjuez," is a melancholy contemplation of love and life. Originally written for the stage, this is Wenders' fifth collaboration with playwright and friend Peter Handke.
Film still The Beautiful Days of Aranjuez by Wim Wenders (Neue Road Movies und Alfama Films Production/NFP marketing & distribution)
Intimate conversation
It feels like the audience gets to participate in a long, intense conversation. Wim Wender's new film, "The Beautiful Days of Aranjuez," is like theater for the silverscreen - but takes place outdoors. It is comprised of two people - a man and a woman -, a garden, the view of Paris in the distance, the rustle of tree leaves, and the chirping of birds. Wenders shot the minimalist film in 10 days.
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German filmmaker Wim Wenders and Austrian playwright Peter Handke have known each other since 1966. At that time, Wenders went to watch Handke's legendary play "Offending the Audience" at the Theater Oberhausen.
Three years later, they started working together. Wenders' short film "3 American LPs" was based on a work by Handke. Two years after that, the filmmaker adapted the novel "The Goalie's Anxiety at the Penalty Kick." The two later teamed up to write the screenplays for the films "The Wrong Move" (1975) and "Wings of Desire" (1987).
"The Beautiful Days of Aranjuez" is now the fifth collaboration between Wim Wenders and Peter Handke.
Wenders filmed Handke's 'summer dialogue'
"Peter Handke calls this text a summer dialogue," Wenders said of his friend and long-time colleague. "It's about two people, a woman and a man, who are not a couple (anymore?), but who've known each other for a long time. They're sitting at a table in a garden or a park. They are surrounded by trees that are rustled by the wind now and then. Below them is an expanse of fields and Paris can be seen in the distance. It's summer…."
Wim Wenders on the set of The Beautiful Days of Aranjuez (Donata Wenders)
Peter Handke's alter ego appears in the film, played by Jens Harzer, pictured here with Wim Wenders
From these lines, it's clear to see what binds the writer and the filmmaker. It's their precise and nearly dissecting view of people and landscapes, of the elements and of elementary aspects of life.
Wenders and Handke are keen observers of life. That may sound mundane, but it sums up their approach: They are not interested in superficialities, but in the inner being found within both people and nature. This becomes all the more clear in "The Beautiful Days of Aranjuez."
Searching for the meaning of life
The dialogue between the two actors in the film is about nothing less than life itself. What is meaningful? What is important? What is the essence of love and of relationships between men and women? And what binds and separates the sexes?
Equally important are the objects that appear in the film - the garden table, the apple that's resting on it, the glasses and canister of juice, the 19th-century villa, the music box. The latter serves the function of forming a particular connection between Wenders and Handke. Numerous scenes in past Wenders films have shown protagonists holding a similar old-fashioned music box, and Handke wrote a text called "Essay about the Jukebox" in 1990.
Penchant for pathos
Both Wenders and Handke also love emotionalism; they enjoy imbuing images and texts with significance and evoking moods and atmospheres. Both tend to wallow in memories and play with time. Things can get kitschy at times, and it may not be everyone's cup of tea.
In "The Beautiful Days of Aranjuez," the audience can expect both gorgeous scenery that, despite the theatrical setting, have a cinematic effect, and unnerving dialogues that go in endless circles.
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Irgendwann beißt ein Mann krachend in einen Apfel, und da merkt man erst, dass man es mit echten Menschen zu tun hat und nicht mit Papiertigern. Das ist denn auch schon das Hauptproblem dieses unheimlich schön aussehenden Films, dass man nämlich kaum je das Gefühl hat, dass hier Wesen aus Fleisch und Blut miteinander reden, sich mit Sätzen umgarnen und mit Worten berühren. Dabei geht es in ihrem langen Gespräch doch um Liebe, um die körperliche zumal, aber da ist kein Schäkern, kein Funkenflug, bloß Theorie. Liebe ist nur ein Wort mit fünf Buchstaben. Von Philipp Holstein
Wim Wenders hat den Sommerdialog "Die schönen Tage von Aranjuez" seines Freundes Peter Handke verfilmt. Die beiden haben ja schon 1970 zusammengearbeitet, an der Verfilmung des Prosatextes "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter", und nun hat Handke sogar einen kleinen Auftritt, er läuft mit Leiter und Heckenschere durchs Bild. Ein Garten in der französischen Provinz bildet die Kulisse, und der Zuschauer erreicht ihn nach einer umwerfenden Kamerafahrt, die ihn aus dem sonntagmorgendlich-stillen Paris abholt und in ein verschattet liegendes Landhaus führt. Ein Schriftsteller (Jens Harzer) sitzt da vor seiner Schreibmaschine und erfindet ein Gespräch. Ein Mann und eine Frau führen es, und was der Autor schreibt, sprechen Sophie Semin und Reda Kateb sogleich unter einer Pergola aus. Der Wind bringt die Blätter zum Rauschen, es könnte das Paradies sein.
Manchmal wählt der Schriftsteller ein neues Lied aus der Jukebox, gegen Ende tritt Nick Cave auf und singt Düsteres am Piano. Ansonsten passiert nichts, es fallen nur Worte, und sie fügen sich zu Geschichten vom Zusammenkommen und Zusammensein, vom letzten Sommer der Zuneigung.
Ästhetisch ist das ein eindrucksvoller Film. Wenders hat in 3D gedreht, dadurch wird die Natur noch stärker zum Mitspieler, und man ahnt bald, dass es nicht elysisch enden wird, sondern womöglich katastrophal. So hört man auf die Frau und den Mann, von denen man nicht weiß, ob sie miteinander verwandt, ineinander verliebt oder voneinander getrennt sind. Sie ruhen in sich und kommen ins Fabulieren und leider auch ins Deklamieren, und der hohe Ton führt weg vom Herzen und hinein in die Abstraktion. Zwischen ihnen prickelt es nicht, und irgendwann spricht man den beiden gar die Expertise in Liebesdingen ab: Sie sind zu ätherisch, als dass man sie sich leidenschaftlich vorstellen könnte. Die Stunde der wahren Empfindung hat es nie gegeben.
Am Ende wird der Himmel dunkelblau eingefärbt, ein Düsenjet verfinstert die Szenerie. Großer Lärm. Kein Licht. Paradise lost.
Die schönen Tage von Aranjuez, Deutschland 2016 - Regie: Wim Wenders mit Reda Kateb, Sophie Semin, 98 Min.
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Eine kurze Kamerafahrt durch ein menschenleeres Paris. Es ist alles da, und es ist doch wie vor allen Zeiten, im Stand der Unschuld und Unberührtheit. Dann wechselt die Szene aufs Land, in den Garten eines kleinen Anwesens, darin ein Landhaus, ein Schlösschen fast, umrankt von Blumen. Ein Paradiesgarten. Es ist blühender, sonnenheller Sommer. Abermals entsteht für Augenblicke das Bild eines unberührten Daseins, wir sehen die Welt, ehe der Mensch sie betrat.
Im Inneren des Landhauses geht nun der Schöpfer ans Werk. Der Schriftsteller (Jens Harzer) tritt an seine Schreibmaschine heran, macht ein nachdenkliches Gesicht, und unversehens fallen ihm die ersten Sätze ein. «Und wieder ein Sommer, und wieder ein schöner Sommertag.» Nun sieht er vor seinen Augen die Frau und den Mann, die solche bedeutungsvolle Sätze sagen; er sieht sie nicht nur vor seinem inneren Auge. Sie sitzen da, auf dem Vorplatz vor seinem offenen Terrassenfenster. Er schreibt, was sie sagen. Sie sind seine Geschöpfe. Sie sagen, was er schreibt.
Nicht zum ersten Mal verfilmt Wim Wenders einen Text von Peter Handke. Und doch ist es, als sei es ihre erste gemeinsame Arbeit, als sei Handkes Theaterstück «Les beaux jours d'Aranjuez» einzig für Wenders geschrieben worden. Und als habe Wenders nur auf diesen einen Augenblick der Unschuld gewartet, um Handkes steile Sätze in sanfte Bilder umzusetzen.
Ein etwas steifes Paar (Handkes Ehefrau Sophie Semin und Reda Kateb) vertieft sich in ein Zwiegespräch über Liebe, Sex und die Vergeblichkeit des Seins, das bald wie ein stilles Ballett aus Wörtern, bald wie ein pathetisch verblasenes Geschwätz voller Plattitüden anmutet. Derweil Benoît Debies Kamera in steten Fahrten die beiden in endlos langen Einstellungen beharrlich, geduldig, unnachgiebig umkreist.
Dann huscht einmal der Gärtner vorüber; er schneidet an einer Hecke herum und geht dann auch schon wieder weg. Es ist Handke, der die Szenerie betritt und in seinen Paradiesgarten hineinschaut. Auf dem Tisch zwischen Mann und Frau liegt auch tatsächlich verlockend ein Apfel; aber es ist der Schriftsteller, der herzhaft in seinen Apfel beisst. Solcherart sind die kleinen Scherze, die sich Wenders und Handke dann doch erlauben.
Anders wäre der Film nicht erträglich, der an seinem Pathos stets zu ersticken droht. Doch dem Text wäre mit Ironie allein nicht beizukommen. Er muss durch den grenzenlosen Ernst seiner gravitätischen Sprache hindurch, um zu der Leichtigkeit zu finden, die sich allmählich erst einstellt. In dem monotonen Singsang des Paars, in ihren melancholisch verträumten, verklärten Blicken, in dem Rauschen des Windes und dem Gesang der Vögel verdichtet sich die Atmosphäre: der hohe Sommer mündet ins Apokalyptische. Der Gärtner-Kobold war das Menetekel.
Man muss das Unerträgliche mögen, um diesen Film nicht nur erträglich, sondern in seiner Unzumutbarkeit und Unnahbarkeit schön zu finden. Verstehen kann man ihn nicht – muss man auch nicht.
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Wim Wenders
Die Amerikaner werden Trump überleben.
Der Regisseur Wim Wenders spricht im Interview über seinen neuen Film „Die schönen Tage von Aranjuez“, entschleunigte Dialoge, das Scheitern von 3D, politisch engagiertes Kino und seine Sorge um die USA.
Wim Wenders
© Peter Lindbergh
Herr Wenders, Sie haben mal gesagt, ein Film müsse auf einer Erfahrung beruhen, sonst werde er eine pure Behauptung. Welche Erfahrung hat Sie dazu verleitet, „Die schönen Tage von Aranjuez“ zu verfilmen, ein Theaterstück Ihres Freundes Peter Handkes?
Wim Wenders: Die Erfahrung, mit jemandem zusammen in der Natur zu sitzen, unter Bäumen, und ein langes Gespräch zu führen, an einem Ort, an dem man ungestört ist. Das ist etwas Königliches. Als ich Peters Text gelesen habe, wusste ich: So was habe ich noch nie als Film gedreht, aber insgeheim immer machen wollen. Dass es dann auch noch ein Gespräch zwischen einer Frau und einem Mann ist, war mir um so lieber. Denn dieser Diskurs ist, zumindest im Kino, unter die Räder gekommen.
Wie meinen Sie das?
Wenders: Lange und schöne Dialoge zwischen Frau und Mann kommen in der Literatur vor, im Theater, aber kaum noch im Kino. Man muss schon eine Weile überlegen, wann man den letzten Film gesehen hat, in dem ein Paar lange und entspannt miteinander redet.
.....
http://www.planet-interview.de/interviews/wim-wenders/49518/
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Kino: Der Neue Wim Wenders„Die schönen Tage von Aranjuez“: Ein Beinahe-Stilleben in 3D
DORTMUND Wim Wenders und seine Freunde aus der Kunst. Böse Zungen sagen, wenn er die nicht hätte, wären ihm schon lange die Themen ausgegangen. Und tatsächlich gibt es neben Künstlerporträts und Hommagen seit vielen Jahren keinen originären Wenders-Stoff, aus dem ein gelungener Film hervorgegangen ist.
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Reda Kateb und Sophie Semin reden von der Liebe..Alfama Films
Reda Kateb und Sophie Semin reden von der Liebe..Alfama Films Foto: Alfama Films
"Die schönen Tage von Aranjuez" basiert auf einem Stück des Wenders-Spezis Peter Handke, der einen Mann und eine Frau über die Liebe reden lässt. Mann fragt, Frau antwortet. Erinnert sie sich an ihr erstes Mal? Wie war das und mit wem? Sie sitzen in einem sommerlichen Garten, in dunstiger Ferne ist wie eine Fata Morgana die Silhouette einer Stadt zu sehen.
Der Garten wirkt wie ein entrückter Olymp abseits von Alltag und Hektik, wo göttliche Weise über das Leben philosophieren. In Sätzen, die auf dem Papier poetisch und tiefsinnig sein mögen, in der gedehnten, hingehauchten Diktion der Darsteller aber merkwürdig ätherisch und blutarm klingen.
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Zwischendurch schweift das Gespräch ab
Handkes Frau Sophie Semin und Reda Kateb spielen das Paar, von dem man nicht weiß, ob es eins ist. Er könnte auch ihr Biograf sein, so wie er nach Details fragt. Zwischendurch schweift das Gespräch auch ab, und der Mann ergeht sich in Betrachtungen über den Geschmack von Frühäpfeln und die Kuhlen, die Spatzen beim Sandbaden hinterlassen.
"Schau, ein Rotkehlchen!" Sonst passiert herzlich wenig, außer dass der Wind auffrischt. Die beiden hocken da und reden, die Kamera umkreist sie und wirft Blicke in den Garten. Warum das Beinahe-Stilleben in 3D gefilmt wurde, bleibt ein Rätsel.
Melancholie, Empfindsamkeit und Weltschmerz
Attraktionen optischer Natur hat der Film nicht auf Lager. Verbal tischt er ein Handke-Gebräu aus Melancholie, Empfindsamkeit und Weltschmerz auf, abgeschmeckt mit erotischen Pikantjes.
Der Senf, den Wenders dazu gibt, besteht darin, dass im Haus ein Schriftsteller (Handke?) dem Paar zuguckt und die Dialoge seiner geistigen Kinder zu Papier bringt. Manchmal geht er zur Jukebox und wählt Pop-Hits. Und Nick Cave singt eine Ballade und spielt Klavier. Das will eine essayistische Meditation sein, ist aber sterbenslangweilig und mächtig selbstergriffen.
Kai-Uwe Brinkmann
Kai-Uwe Brinkmann
Kultur-Redaktion
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ZUM ARTIKEL
Erstellt: 31. Januar 2017, 17:59 Uhr Aktualisiert:31. Januar 2017, 18:42 Uhr
THEMEN
Die schönen Tage von Aranjuez, Film, Filmkritik, Kino, Kultur, Nick Cave, Peter Handke, Wim Wenders
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http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kino/wim-wenders-im-kino-schoene-tage-von-aranjuez-14762463.html"
"ALS AMERIKANISCHER UEBERSETTZER des grossartig geilem Aranjuez ( sowie der Buehnenwerke bis UEBER DIE DOERFER0) http://handke-drama.blogspot.com/2015/06/american-aranjuez-discussion.html bemerke icjh, dass unten den vielen, auch oft klugen Rezensionen http://handke-drama.blogspot.com/2016/09/wenders-aranjuez-film-version-page.html es bis jetz niemand aufgefallen ist, dass dieses Stueck nicht nur formalistisch streng, wie schon immer, sondern auch ganz besonders exhibitionistisch ist, und mit der Sprache & Symbolik des D.H. Lawrence in die Schule geht, weswegen Wenders Entscheidung nur das Gespraech zu verfilmen, und keine Aktion, mir als richtig and gerechfertigt erscheint, denn diese Chose sollte ueberhaupt empfindliche Zuhoerer/Schauerin erregen als waer’s die beste Pornographie & (2) Herr Kilbs Entscheidung das Objective auf verfehtltes Kenntnis von Handkes Biographiie und Ehe zu reduzieren.
Eine doppelte Abrechnung
Kino der Freundschaft, Theater der Liebe: Wim Wenders hat ein Zweipersonenstück von Peter Handke verfilmt. Doch „Die schönen Tage von Aranjuez“ setzt auf eine Idee von Nähe, die nur bedingt funktioniert.
28.01.2017, von ANDREAS KILB
© DONATA WENDERS/WARNER BROTHERSGefangen im Garten des Ichs: Wim Wenders (Zweiter von rechts) mit Sophie Semin (ganz rechts) und Reda Kateb (Dritter von rechts) am Set.
Aus den siebziger Jahren gibt es ein Foto von Peter Handke und Wim Wenders, das anscheinend bei einer Filmpremiere aufgenommen wurde. Wenders, mit dem Erfolg seines „Amerikanischen Freundes“ im Rücken, steht kurz davor, nach Hollywood zu gehen. Handke lebt in Paris, „Das Gewicht der Welt“ ist gerade erschienen, die Reise nach Alaska und die folgende Krise, von der er in „Langsame Heimkehr“ erzählen wird, liegen noch in weiter Ferne. Die beiden lachen. Sie scheinen glücklich. Sie wirken wie Brüder.
„Die schönen Tage von Aranjuez“ sind auch eine Aktualisierung, ein Update dieses Doppelporträts. In keiner der Szenen des Films treten Wenders und Handke zusammen auf. Und doch sind sie beide ständig im Bild. Der eine hat den Text geschrieben, ein Zweipersonenstück, in dem „Der Mann“ und „Die Frau“ auf der Terrasse eines Landhauses einander ihr Leben erzählen. Der andere hat ihn inszeniert und zugleich biographisch präzisiert, indem er die Rolle der Frau mit Handkes Ehefrau Sophie Semin besetzt und Reda Kateb, dem Darsteller des Mannes, das Bärtchen und die Frisur des jungen Peter Handke gegeben hat, dem Kateb verblüffend ähnlich sieht.
Privattheater in Filmbildern
Und Wenders hat noch mehr getan: Er hat den Schauplatz der Geschichte in die Umgebung von Paris verlegt, wo Handke seit gut fünfundzwanzig Jahren lebt. Er hat einen Erzähler dazuerfunden, einen Schriftsteller (Jens Harzer), der das Zwiegespräch, das wir mit ansehen, gerade in seine alte Olympia tippt (das nagelnde Geräusch gehört zur Tonspur des Films wie die Vogelstimmen und das Rauschen der Blätter im Sommerwind). Und er hat in die Villa, die angeblich einmal Sarah Bernhardt gehörte, eine grün leuchtende Wurlitzer-Jukebox gestellt, ein Fetischobjekt von Handkes Schreiben und Wenders’ Kino gleichermaßen. Gleich am Anfang, nach einer kurzen Bildfolge, die von den Champs-Elysées in die Hügel über der Stadt und ins Arbeitszimmer des Dichters führt, spielt sie einen Song von Lou Reed, „Perfect Day“: „It’s such a perfect day / I’m glad I spent it with you“. Ein Liebesgeständnis. Und zugleich ein Abgesang.
Mehr zum Thema
In dem Einverständnis, das den Film mit seinen Figuren und ihrem Autor verbindet, liegt seine Qualität und sein Handicap. Es ist eben mehr als ein Theatereinfall, wenn das Handke-Double die Handke-Gattin nach ihrem ersten Liebeserlebnis fragt und sie mit einer surrealen Skizze antwortet, in der eine Saline und eine mit getrocknetem Kot gefüllte Hütte als Kulisse dienen. Und doch ist es auch nur Theater: Privattheater in Filmbildern. Zwischendurch hat der Dichter selbst einen Gastauftritt als Gärtner mit Schere und Leiter. Man fühlt sich wie bei einem Familientreffen, bei dem der eine Bruder Geschichten erzählt, während der andere auf der Jukebox die Songs dazu drückt. Seit langem leiden die Filme von Wenders an einem Mangel an Distanz, Fremdheit, ungezähmter Fiktion. Man ist drinnen, oder man ist draußen, ein Drittes gibt es nicht.
„Explosion der Säure und Süße“
Am besten funktioniert dieses Spiel mit der Intimität, wenn es gebrochen wird. An einer Stelle redet der Schriftsteller an seinem Arbeitstisch leise vor sich hin, und sein Monolog vermischt sich mit den Stimmen der Frau und des Mannes, die draußen im Garten vortragen, was er sich gerade ausdenkt. Da wirkt das 3D-Format, das sich sonst wie eine Rundumverglasung um das ohnehin leicht steifbeinige Terrassengespräch legt, auf einmal stimmig, weil es sich in der Tonspur spiegelt, und man begreift, dass das, was hier passiert, eine doppelte Abrechnung ist: die des Dichters mit der Frau, die er geliebt hat und von der er seit sechzehn Jahren getrennt lebt; und die Handkes mit sich selbst, mit seinem Versagen vor den Ansprüchen der Welt, die ihn umgibt. Für einen Moment reißt der Film den Abgrund auf, in den Handkes beste Texte hineinschauen, und auch dieser Augenblick verdankt sich der Freundschaft zwischen dem Regisseur Wenders und seinem Autor. So sind die Stärken des Films von seinen Schwächen nicht zu trennen.
© WARNER BROSKinotrailer: „Die schönen Tage von Aranjuez“
Die Geschichte, die hinter dem Schiller-Zitat des Titels steckt, erzählt Reda Kateb am Ende: In Aranjuez, wo die Sommerresidenz der spanischen Könige lag, habe er die Spuren der Obst- und Gemüsepflanzen verfolgt, die aus den verwilderten Gärten in die offene Meseta vorgedrungen seien. In „Hexenkreisen“, Inseln der Fruchtbarkeit, hätten sie sich ausgebreitet, und mit dem Schrumpfen ihrer Früchte hätte sich deren Essenz nicht verloren, sondern nur noch mehr konzentriert; eine „Explosion der Säure und Süße“ sei der Geschmack der wilden Johannisbeeren gewesen. Darin steckt eine Wunschphantasie: Auch Peter Handke will sein Schreiben aus dem Garten des Ichs befreien, auf dass es in der Wildnis neue Blüten treibe. Aber Wim Wenders ist nicht der Zauberer, der ihm dabei den Weg bahnt. Dafür kennen sich die beiden zu lange, ein halbes Jahrhundert schon. Lieber holt Wenders den großen Nick Cave vor seine Kamera und lässt ihn, während die Jukebox schweigt, für seinen Dichterfreund ein Lied singen: „Into My Arms“. Schwer zu sagen, wer sich hier wem in die Arme wirft. Der Zuschauer des Films ist jedenfalls nicht dabei.
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Diesseitsweltentfremdet
Wim Wenders verfilmt Peter Handkes »Die schönen Tage von Aranjuez«
Von Lothar Struck
Immer wieder sind es bei Handke auch Frauen, die zu Reisen in ein neues Zeitalter aufbrechen und/oder in eine neue Welt(erfahrung) aufbrechen. In den 1970er Jahren ist es die »linkshändige Frau«, die selbstbewusst ihre ehelichen Ketten abstreift. Die Nova aus »Über die Dörfer« ist eine Mischung aus Zukunftsdeuterin, Philosophin und Visionärin. Schließlich die starken Frauenfiguren in »Die Abwesenheit« (besonders im Film) und dann die Hauptfigur, der Abenteuerin und »Finanzfürstin« in seinem sperrigstem und ambitioniertesten Buch »Der Bildverlust«. In »Kali« (2007) ist es eine Sängerin, die von Ferne als eine (Geistes-)Verwandte Novas oder der »Finanzfrau« aus dem »Bildverlust« erscheint.
Artikel online seit 25.01.17
http://www.glanzundelend.de/Red15/u-w15/wim-wenders-schoene-tage-von-aranjuez.htm
Quelle: RP http://www.rp-online.de/kultur/film/kinokritiken/die-schoenen-tage-von-aranjuez-wim-wenders-verfilmt-peter-handke-aid-1.6560585
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Reden wir über Liebe. Und Sex.
Mit „Die schönen Tage von Aranjuez“ fallen Wim Wenders und Kumpel Peter Handke zurück in ihre schlimmsten Kinozeiten von „Der Himmel über Berlin“.
Von Oliver Reinhard
Der Mann (Reda Kateb) und die Frau (Sophie Semin) suchen in „Die schönen Tage von Aranjuez“ nach der verlorenen Leichtigkeit.
Der Mann (Reda Kateb) und die Frau (Sophie Semin) suchen in „Die schönen Tage von Aranjuez“ nach der verlorenen Leichtigkeit.
© NFP
Man hat es geahnt und stets verdrängt. Jetzt aber rettet endgültig kein Beiseitegeschiebe mehr vor der Einsicht: Männer und Frauen passen einfach nicht zueinander. So botschaftet es der große Analytiker aussichtsloser Zwischenmenschlichkeit, Peter Handke, im Theaterstück „Die schönen Tage von Aranjuez“. Seit Donnerstag wird das zusätzlich visuell betoniert von seinem alten Freund und Kollaborateur Wim Wenders, im Kino, sogar in 3-D. Vermutlich um der Botschaft auch optische Tiefe zu verleihen; ein anderer zwingender Sinn der Dreidimensionalität lässt sich dieses Mal nicht ausmachen. „Die schönen Tage von Aranjuez“ ist nach „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“, „Falsche Bewegung“ und „Der Himmel über Berlin“ die vierte Zusammenarbeit der beiden Bedeutungsträger, überdies die handlungsärmste. Das Drama ist ein reines Dialogstück, ebenso der Film.
Einziger Schauplatz: eine Villa samt Garten mit Blick auf Paris. Drinnen schriftstellert ein Autor (Jens Harzer) an jener Unterhaltung, die seine literarischen Geschöpfe, ein Mann (Reda Kateb) und eine Frau (Sophie Semin), draußen vor der Terassentür am Tisch führen; man wohnt dem künstlerischen Werden der Konversation bei. Vom Manne befragt, erzählt und deutet die Frau die Geschichte ihrer Lieben und sexuellen Erfahrungen, oft unterbrochen von seinen Erinnerungen an „die schönen Tage von Aranjuez“, leider längst verweht ... Dezente Kamera, Naturgeräusche, Entschleunigung: Mit entspannter, gelassener Souveränität schafft Wim Wenders eine faszinierende Atmosphäre, in der nichts geschieht, nichts außer der Sprache und ab und an einem Song aus der Jukebox des Schriftstellers. Und doch spürt man die Schwere über dem Paar wie die Ankündigung eines Sommergewitters.
In dieser Stille vor dem Guss suchen die Frau und der Mann nach ihrer verlorenen Leichtigkeit, nach ihren vergangenen Leben, nach rückblickender Selbstvergewisserung. Insofern ist „Die schönen Tage von Aranjuez“ zwar durchaus ein romantischer Film. Doch wie beim Bühnenstück kommt diese Romantik auf Spreiz- und Stelzfüßen daher, wird die Poesie des Ansatzes wie schon in „Der Himmel über Berlin“ einigermaßen verunangenehmt durch Handkes Drang zur Selbststilisierung als Poeten-Papst, gekrönt durch einen Cameo-Auftritt als Gärtner. Jeder Satz, jedes Wort ist kunstvoll, mindestens aber kunsthandwerksvoll zurechtgeschnörkelt auf Zitatensammlungs- und Ewigkeitstauglichkeit. Wer papierne Prätenziösität mag, wird begeistert sein. Wen unverstellte Selbstverliebtheit eher abtörnt, wohl weniger.
Ein Pianomann namens Nick Cave
Da kann Nick Cave noch so überraschend am Piano sitzen und einen melancholischen Song beitragen; „Die schönen Tage von Aranjuez“ kränkeln – inklusive der wenig für ihre Figuren einnehmenden Schauspieler – an Peter Handkes und Wim Wenders’ unbedingtem Willen zur Bedeutsamkeit. Zwar reflektieren die stillen, melancholisch-schönen 3-D-Bilder sehr wohl die Tiefe der Worte. Doch deren unüberfühlbare Eitelkeit schafft eher Distanz denn Nähe.
So ist es nur bedingt bedauerlich, wenn „Die schönen Tage von Aranjuez“ auch im Kino nach 97 Minuten vorbei sind.
Der Film läuft in der Dresdner Schauburg.
https://www.sz-online.de/nachrichten/kultur/reden-wir-ueber-liebe-und-sex-3598491.html
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http://www.spiegel.de/kultur/kino/handke-verfilmung-die-schoenen-tage-von-aranjuez-a-1131872.htmlWim Wenders, Peter Handke, Nick Cave: Drei Namen, die zusammen für ein Stück Kinogeschichte stehen. Wenders' Werk um zwei Schutzengel, "Der Himmel über Berlin", wurde 1987 in Cannes für die beste Regie ausgezeichnet, im Jahr darauf mit dem Europäischen Filmpreis. Handke hatte am Drehbuch mitgeschrieben, Cave einen Auftritt mit seinen "Bad Seeds". Nun haben sich die drei Herren nach dreißig Jahren wieder zusammengetan, für "Die schönen Tage von Aranjuez".
Um es vorwegzunehmen: Dass der Film letztlich misslingt, liegt nicht am australischen Musiker, der am Flügel einen seiner berührendsten Songs darbietet. Auch der Regiearbeit von Wenders ist kaum etwas anzulasten, am allerwenigsten aber der Kamera von Benoît Debie, der schon für Gaspar Noés "Irreversibel" und "Enter the Void" hypnotische Bilder lieferte, sowie für Harmony Korines "Spring Breakers".
Die ersten Minuten überwältigen auch hier. Sie zeigen das menschenleere Paris in morgendlicher Stimmung und langen Einstellungen. Lou Reed schmettert seine Hymne "Perfect Day", während uns die Bilder aus der Stadt entfernen, forttragen in die Peripherie und hinein in ein Landhaus im Grünen. Wir blicken auf eine grün erleuchtete Jukebox, Lou Reeds Stimme verklingt und die Kamera schwenkt langsam hinüber zu einem namenlosen Schriftsteller (Jens Harzer) an seinem Schreibtisch. Die nostalgische Wurlitzer, der Vorort von Paris: Unverkennbar haben wir es mit einem Wiedergänger Handkes zu tun.
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Fotostrecke: Manierierte Monologe
Die Idee, die Wenders' Verfilmung zugrunde liegt, ist hübsch. Peter Handkes auf Französisch verfasstem Theaterstück, dem langen Zwiegespräch eines Paares (gespielt von Handkes Frau Sophie Semin und Reda Kateb) an einem sonnigen Sommertag, verleiht der Regisseur einen erzählerischen Rahmen. Als der Dichter ein paar Sätze murmelt und sie in seine Schreibmaschine hackt - eben jenen "Sommerdialog" -, da füllen sich auch die beiden zuvor noch leeren Stühle auf der umrankten Veranda vor dem Haus. Die literarische Fiktion manifestiert sich in der filmischen Wirklichkeit, die Gedanken verfertigen sich beim Schreiben.
So weit, so originell und durchaus verheißungsvoll. Nur trägt diese Idee allein nicht über anderthalb Stunden. Handkes theatraler Text wiederum, 2012 am Wiener Burgtheater uraufgeführt, mag auf der Bühne noch eine Wirkung entfalten, auf der Leinwand läuft er ins Leere.
Was folgt, ist weniger ein Gespräch als vielmehr eine Aneinanderreihung von Monologen, dann und wann unterbrochen durch Rückfragen. Der Mann befragt die Frau nach ihren ersten Erfahrungen mit Sexualität, sie erzählt von einer mystisch-amourösen Begegnung im Salzwerk. Später ist er an der Reihe, spricht bedeutungsschwer über die Tage der ersten reifen Äpfel, schildert Beobachtungen von Spatzen, die Mulden im Sand produzieren, und einen Besuch im titelgebenden Aranjuez, der einstigen Sommerresidenz spanischer Könige.
Man nimmt den Figuren zu keiner Zeit ab, was sie sagen
Zur kühlen Limonade auf dem Tisch serviert uns Handke wohlklingende, doch häufig gnadenlos überhöhte Worte an der Grenze zum Kitsch. "Kein Ich, kein Er", heißt es in den Erinnerungen der Frau an eine Liebesnacht, "nichts als die Welt der Körper. Zwei Körper, ausgestreckt in der Nacht der Unendlichkeit." Und der Mann retourniert: "Zu einem Leib und einer Seele wird die Zeit, und jedes A und jedes O lechzt nach Ewigkeit." Anspielungen an die Kultur- und Popgeschichte werden eingestreut, von Friedrich Schiller über Tennessee Williams bis hin zu Bob Marleys "Redemption Song".
Das Problem des Films ist folgenreich: Man nimmt den Figuren zu keiner Zeit ab, was sie sagen, kommt ihnen nicht nahe. Die Beziehung zwischen ihnen bleibt eine Behauptung, spürbar wird sie kaum - wegen der artifiziellen, bald ins Esoterische abkippenden Sprache. Dann wieder wird sie für einen kurzen Moment derb, wie aus Trotz, plötzlich ist von "Fick- und Vögeljahren" die Rede. Handkes meist umständliche, oft gestelzte Diktion muss man lesen, dann entfaltet sie einen poetischen Reiz. Kommen die Worte aus den Mündern zweier Schauspieler des Hier und Jetzt, wird ihre Manieriertheit allzu deutlich.
"Die schönen Tage von Aranjuez"
Deutschland/Frankreich 2016
Regie: Wim Wenders
Buch: Wim Wenders, Peter Handke
Darsteller: Reda Kateb, Sophie Semin, Jens Harzer, Nick Cave, Peter Handke
Produktion: Alfama Films, Neue Road Movies
Verleih: NFP
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AND DIE ZEIT WEIGHT IN ON ARANJUEZ Das unmögliche Paar
Peter Handkes Theaterstück "Die schönen Tage von Aranjuez" ist ein großes Verhör über die Liebe. Wim Wenders hat es jetzt verfilmt.http://www.zeit.de/2017/05/die-schoenen-tage-von-aranjuez-wim-wenders-verfilmung
Die schönen Tage von Aranjuez"Das unmögliche Paar
Peter Handkes Theaterstück "Die schönen Tage von Aranjuez" ist ein großes Verhör über die Liebe. Wim Wenders hat es jetzt verfilmt.
Ein Mann befragt eine Frau; er will wissen, welche Arten der Liebe sie erlebt hat. Die Frau ist seine Kundschafterin im Reich der Erotik, und ob es, jenseits des Dialogs, eine Intimität zwischen ihm und ihr gab oder je geben wird, bleibt offen. Alle Sinnlichkeit, zu welcher der Mann fähig ist, legt er in das Verhör, das er führt. Als Peter Handkes Schauspiel Die schönen Tage von Aranjuez im Jahr 2012 in Wien uraufgeführt wurde, kam es hinter den Kulissen zum Streit: Die einsame Lust, der Mangel an Berührungen, an szenischen "Lösungen" im Stück – all das ließ sich auf der Bühne schwer gestalten, die Frustrationen entluden sich zwischen den Künstlern. Auch Handke und sein Regisseur und Freund Luc Bondy gerieten aneinander. Die beiden, die so oft miteinander gearbeitet hatten, taten es danach nie mehr; Bondy starb im November 2015.
Nun hat ein anderer lebenslanger Freund Peter Handkes, Wim Wenders, das Stück auf seine Weise weiterentwickelt. Wo es bei der Wiener Uraufführung zwischen den Schauspielern Jens Harzer und Dörte Lyssewski auf der Bühne immer wieder aufrührerische Handgreiflichkeiten gab, mit denen Bondy die Askese von Handkes Figuren unterlief (Harzer hob Lyssewski rüde an den Gesäßbacken in die Höhe; später griff er ihr in den Mund wie einem Pferd), beharrt Wenders auf der Würde und dem unüberwindbaren Abstand zwischen den beiden.
Zwei Menschen im Blick einer 3-D-Kamera: Der Mann (Reda Kateb) wirkt wie ein Verhörspezialist, der aus den Geheimnissen, die er erfährt, keinen Vorteil ziehen wird – der Wunsch nach Erkenntnis treibt ihn an. Er will noch einmal hören, wie es ist, "fleischlich" zu sein, ohne diese Erfahrung für sich in Betracht zu ziehen. Er will es sich nur vorstellen. Und die Frau (Sophie Semin) erstattet Bericht: So bin ich berührt worden. Wenders umkreist den Gesprächsplatz mit seinem 3-D-Blick, als betrachte er eine Quelle, aus der ein von keinem Gift getrübtes Wasser steigt: das absichtslose Gespräch über die Liebe.
Angetrieben wurde Wenders von der Idee, "so genau wie möglich mit zwei Kameras zu imitieren, was (und wie) zwei Augen sehen". Nichts von dem, was die beiden in sommerlicher Beschaulichkeit sprechen, hat szenische Folgen. Dieser Film ist ein Gegenstück zum Blockbusterkino, in dem Rhetorik nur retardierendes Element ist, ehe zur Jagd geblasen wird, zur großen Scooterfahrt durch die Loopings der Special Effects, am besten in 3-D. Bei Wenders wird der Dialog nicht abgelöst durch eine fette, zwingende Eskalation, für die sich dann das Eintrittsgeld gelohnt haben wird. Hier bekommt man keine "Handlung", von der man einem Dritten im Lift erzählen kann, man bekommt nur ein Gespräch auf einer Gartenterrasse und das Rauschen der Bäume im Wind, der manchmal alarmierend auffrischt und dann klingt wie ein Appell zum Aufbruch.
Jens Harzer, der in Bondys Wiener Uraufführung den namenlosen Mann gespielt hatte, ist auch hier dabei. Im Film hat er die Rolle eines Schriftstellers, der den Dialog der beiden namenlosen Hauptfiguren aus dem Inneren des Hauses belauscht. Es ist eine Rolle, die Wenders erfunden hat, wohl um die Einsamkeit des Mannes und der Frau zu lindern. (Außerdem tauchen Nick Cave und Handke selbst kurz im Film auf.)
Das Begehren des Schriftstellers
Der Schriftsteller hat ein Bühnenbildmodell vor sich stehen, welches ihm die reale Verandaszene verkleinert zeigt: Stühle und einen Gartentisch, handspannenhoch. Er schaut darauf hinab wie Jack Nicholson in Shining, der, vom Wahnsinn ergriffen, im Modell eines Irrgartens seine echte Familie dahineilen sieht. Auch der Schriftsteller bei Wenders ist eher mit der eigenen Vorstellungswelt als mit den Geschehnissen in seinem Garten beschäftigt. Mimetisches Begehren, hat René Girard gesagt, sei die Urkraft aller Dramen Shakespeares: Einer sieht, was ein anderer begehrt, und begehrt es deshalb auch; einer erkennt die Intimität zweier anderer und will das, was sie erleben, auch haben. Etwas von diesem Schmerz ist auch im Gesicht des Schriftstellers zu sehen, der dem redenden Paar im Garten zusieht, wobei nicht ganz klar ist, wem sein Begehren gilt: der Frau, die ihn anzieht, oder dem Mann, an dessen Stelle er gern wäre?
Womöglich erinnert sich der Schriftsteller auch nur an das Gespräch der beiden – oder er denkt es sich gerade aus? Bei Handke heißt es: "Ich habe diese Geschichte noch niemandem erzählt, nicht einmal mir selbst" – und das trifft die Dynamik dieses Films. Und an anderer Stelle: "Ohne Frage komme ich nicht weiter. Ohne Fragen bin ich blind und stumm." Ein Schriftsteller befragt sich selbst – indem er sich aufspaltet in ein unmögliches Paar.
Er hat aber, bevor er sich hinter sein Bühnenbildmodell zurückgezogen hat, dem Leben genau zugesehen. So beschreibt der Mann (vielleicht also der Schriftsteller, gewiss aber Handke) einmal ausführlich das Staubbad von Spatzen an einem heißen Tag, einen wirbligen Vorgang, der im Sand nach Abflug der Tiere ein paar Kuhlen zurücklässt: "Muster, Spiel und Rhythmus bleiben sichtbar für den, der weiß. Für den, der zugeschaut hat."
So begleitet dieser Film die Zeremonie eines Abschieds. Es ist der Versuch, durch Sprache den Akt der Liebe zu verstehen, zu verlängern – und am Ende zu ersetzen. Für den, der zugeschaut hat.
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Theater im Kino: Saline, Blatt, Geschlecht
«Die schönen Tage von Aranjuez»: Peter Handke plus Wim Wenders gleich großes Kino?
Schade, dass Gerhard Stadelmaier die Verfilmung von Peter Handkes Stück «Die schönen Tage von Aranjuez» durch Wim Wenders nicht mehr im Dienst erlebt. Denn die Verfilmung sieht so aus, wie Stadelmaier das Stück aninszeniert hat in seiner Besprechung der Premiere von 2012: «Man müsste die beiden nur sitzen, sprechen und träumen lassen. Und wenn sie leichthüftig, fast schwebend säßen, klar, innig und geheimnistoll sprächen und noch besser träumten – dann ergäbe sich auf der Bühne alles von allein.»
Darauf setzt nun Wim Wenders’ Film. Der hat sich ein hübsches Landhaus mit Blick auf Paris gesucht, drapiert Mann und Frau als unklar miteinander verbundenes Paar unter der Pergola des schönen Gartens vom hübschen Landhaus, legt einen – da war doch was – Apfel auf den Tisch zwischen beide und lässt Dialog aufsagen. Oder einträumen oder [...] http://www.kultiversum.de/Theaterheute/Handke-Wenders-Theater-im-Kino-Saline-Blatt-Ges.html
TRAILER
Die schönen Tage von Wim Wenders Feedback ANZEIGE Ein Spiel mit Realitäten und Erzählebenen ist dieser Film, dazu passt das Bild () vorzüglich: Wim Wenders, hier mit dem Schauspieler Jens Harzer in der Rolle des Schriftstellers, hat sich den Sommerdialog "Die schönen Tage von Aranjuez" seines Weggefährten Peter Handke aus dem Jahr 2012 vorgeknöpft. Darin unterhalten sich, an einem Gartentisch in der milden Luft in Frankreich, ein Mann (Reda Kateb) und eine Frau (Sophie Semin). Er fragt sie nach ihrer ersten Nacht mit einem Mann. Sie sagt, es war keine Nacht, und ein Mann war auch nicht dabei. Im angrenzenden Bauernhaus sitzt der Autor, Handkes Alter Ego sozusagen, und schreibt auf, was die beiden sagen. Oder sind sie es, die seinem Text folgen? Darüber spricht wiederum der Regisseur Wenders, wenn er sein in 3D gefilmtes Werk in den Kinos Münchner Freiheit vorstellt. Auch von der Zusammenarbeit mit Nick Cave und Peter Handke, die beide Gastauftritte haben, könnte er berichten. Gut eine Woche vor dem Kinostart, eine schöne Sache. Die schönen Tage von Aranjuez, Regie: Wim Wenders, Preview mit Regiegespräch, Mittwoch, 18. Januar, 20 Uhr, Kinos Münchner Freiheit, Leopoldstraße 82, ☎ 383 89 00
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"die deutsche Übersetzung zeigte mir schließlich, dass der französische Text leichter und eleganter war - und dass es nicht an der Übersetzung lag, die Peter selbst gemacht hatte, sondern an der Sprache. Das Deutsche klingt männlicher und zerebraler, was an der Grammatik liegt, während mir das Französische flüssiger vorkam, und weiblicher und intuitiver. http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/film/869140_Im-Garten-auf-den-Liebsten-warten.html
on Matthias Greuling
- Wim Wenders hat Peter Handkes Text "Die schönen Tage von Aranjuez" in 3D verfilmt und sagt, das 3D-Kino sei am Ende.
Wim Wenders: «Aranjuez» zeigt meinen Traum der neuen Filmsprache 3D http://europeonline-magazine.eu/wim-wenders-aranjuez-zeigt-meinen-traum-der-neuen-filmsprache-3d_509342.html
Wim Wenders arbeitete schon häufiger mit Peter Handke zusammen. Nun verfilmte er ein Theaterstück des Erfolgsautors. Ein Interview.
Berlin (dpa) - Wim Wenders denkt auch mit 71 Jahren noch nicht ans Aufhören: Der deutsche Regisseur bringt nun das Beziehungsdrama «Die schönen Tage von Aranjuez» in die Kinos. Er habe den Film in nur zehn Tagen gedreht, berichtete Wenders im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Wir hatten ja nicht viel Geld, «Die schönen Tage von Aranjuez» ist eine low-budget Produktion.» Der Regisseur drehte in 3D.
Frage: «Die schönen Tage von Aranjuez» basiert auf einem Theaterstück des österreichischen Erfolgsautors Peter Handke. Es erzählt von den unterschiedlichen Vorstellungen und Wahrnehmungen, die ein Mann und eine Frau zum Leben haben. Warum haben Sie sich entschieden, genau dieses Stück zu verfilmen?
Antwort: Weil ich das für einen schönen und wichtigen Text halte. Der Diskurs zwischen Männern und Frauen findet ja kaum statt ... Peter hatte mir das Stück schon geschickt, bevor es veröffentlicht wurde, mit der Frage, ob ich interessiert sei, das als Uraufführung im Theater zu machen. Das habe ich mir reiflich überlegt und mich dann entschieden, dass ich dem Text besser gerecht werden könnte, wenn ich ihn draußen in der Natur inszenieren könnte, als Film. Auf einer Bühne, da war ich mir sicher, könnten andere das besser.
Frage: Mit Peter Handke sind Sie schon seit vielen Jahren eng befreundet. Seit Ende der 60er Jahre haben Sie bereits für mehrere Ihrer Filme zusammengearbeitet, nun auch bei «Die schönen Tage von Aranjuez». Können Sie uns ein bisschen erzählen, wie Sie gemeinsam arbeiten?
Antwort: Das war jedes Mal anders, wir haben da kein Procedere. Für «Die Angst des Tormanns beim Elfmeter» hat mir Peter seinen Roman gegeben und gesagt: «Mach mal!» Ich war gerade mit der Filmschule in München fertig, und war dank dieses «Geschenks» oder «Auftrags» dann der erste - und einzige - dieses ersten Jahrgangs der HFF (Anm.: Hochschule für Film und Fernsehen), der dann tatsächlich einen Film gedreht hat. Das Drehbuch habe ich alleine geschrieben, ohne Peters Hilfe, und habe mich dabei sehr streng an den Roman gehalten.
Bei unserer nächsten Zusammenarbeit «Falsche Bewegung» war es umgekehrt, da hat Peter komplett allein das Drehbuch geschrieben, nachdem wir uns darüber unterhalten hatten, wie man Goethes «Wilhelm Meisters Lehrjahre» in die Jetztzeit übertragen könnte.
Frage: Wie war es bei «Der Himmel über Berlin»?
Antwort: Da war noch mal alles anders. Da habe ich Peter angetragen, mit mir das Drehbuch zu schreiben, und habe ihm meine Geschichte von den beiden Engeln und von der Trapezkünstlerin erzählt. Aber Peter hatte gerade einen Roman angefangen, wollte diese Arbeit nicht unterbrechen und hat mir mit Bedauern abgesagt. Also musste ich die Suppe, die ich mir eingebrockt hatte, alleine auslöffeln. Was ich dann auch getan habe. Aber ein richtiges Drehbuch wollte dabei nicht herauskommen. So haben wir schließlich einfach angefangen zu drehen, ohne festes Buch.
Gleichzeitig kamen dann diese dicken Briefe, einer nach dem anderen, über mehrere Wochen. Absender: Peter Handke. Er schrieb, er habe nachträglich doch bedauert, mich so mit leeren Händen wieder fortzuschicken, und weil meine Geschichte irgendwie in ihm nachgehallt hatte, habe er angefangen, auf gut Glück Dialoge und Monologe zu schreiben. (...) Der Dreh war im Großen und Ganzen wie ein Flug ohne Instrumente, aber zwischendrin gab es diese Fixpunkte der Texte von Peter, auf die wir immer zugeflogen sind. Diese Handke‘schen Texte waren wie unsere Leuchttürme.
Frage: Die weibliche Hauptrolle in «Die schönen Tage von Aranjuez» spielt Sophie Semin, die Ehefrau von Peter Handke. Das klingt so, als sei es am Filmset sehr familiär zugegangen?
Antwort: Es ging in der Tat sehr familiär zu, aber aus anderen Gründen. Wir haben wochenlang geprobt, hauptsächlich mit Sophie und Reda Kateb, der die männliche Hauptrolle spielt. Und diese Proben haben wir weitgehend schon an dem Ort gemacht, an dem wir dann auch gedreht haben: ein altes Landhaus in der Île-de-France, zur Jahrhundertwende von Sarah Bernhardt bewohnt, die auch den Garten selbst geplant hatte. Das Haus liegt auf einer Anhöhe, dem höchsten Punkt der Île-de-France, und von da aus hat man einen weiten Blick und sieht Paris in der Ebene liegen, mit der Skyline von La Défense und dem Eiffelturm.
Diese Proben in diesem traumhaften Garten, mit diesem Blick, das durchweg schöne Sommerwetter, all das hat ein Klima geschaffen, in dem wir wirklich familiär und ganz ohne Stress gearbeitet haben. Ich habe selten einen so total entspannten Set gehabt.
Frage: Hatten Sie Sorgen, dass die persönliche Nähe zur Handke-Familie Sie in einen Konflikt als Regisseur bringt?
Antwort: Keinen Moment lang. Peter hat das Stück für Sophie geschrieben, und ich halte große Stücke auf sie als Schauspielerin. Ich habe mit ihr schon einmal gearbeitet, in meinem Teil des Films «Jenseits der Wolken» von Michelangelo Antonioni. Für «Aranjuez» habe ich eine Rolle dazugeschrieben, nämlich die des Schriftstellers. (...)
Peter Handke selber hat sich aus der ganzen Vorbereitung des Films völlig herausgehalten. Auch beim Dreh war er nur an einem Tag dabei. Da hat er dann einen kleinen Gastauftritt als Gärtner gehabt. Aber er hat weder beim Drehbuch noch beim Schnitt in irgendeiner Weise Einfluss genommen.
Frage: Und warum haben Sie nach «Every Thing Will Be Fine» nun erneut einen Spielfilm in 3D gedreht?
Antwort: Der Film ist so entspannt, und diese drei Figuren, der Mann, die Frau sowie der Autor, sind so präsent und «wirklich», dazu dieser eine Schauplatz, das Haus der Sarah Bernhardt mitten in diesem Garten, mit Paris am Horizont, so «wahr» und selbstverständlich, dass ich von Anfang an nie an ein anderes Medium gedacht habe als an 3D. Ich war mir sehr sicher, dass 3D in der Lage ist, Charaktere und ihre Geschichten in einen Raum zu stellen, der absolut hyper-realistisch ist und dadurch den Zuschauer so in die Situation hinein versetzt, wie es das zweidimensionale Medium einfach nie konnte.
Dieser Film hier, «Die Schönen Tage von Aranjuez», zeigt meinen Traum von dieser neuen Filmsprache. Und ja, dieser Film ist sicher ganz weit von jedem anderen 3D-Film entfernt, der je gemacht wurde. Dies hier ist wirklich ein natürliches Sehen, das der gängigen Filmgrammatik nichts mehr schuldet.
ZUR PERSON: Wim Wenders, 71, ist einer der erfolgreichsten deutschen Regisseure. Zu seinen bekanntesten Werken gehören «Der Himmel über Berlin», «The Million Dollar Hotel», «Paris, Texas», «Pina» und «Buena Vista Social Club». Der in Düsseldorf geborene Filmemacher gewann bereits zahlreiche internationale Preise, darunter den Europäischen Filmpreis, den Goldenen Löwen in Venedig und die Goldene Palme in Cannes. Drei Mal war er auch für einen Oscar nominiert, ging aber leer aus.
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http://www.berliner-zeitung.de/kultur/-die-schoenen-tage-von-aranjuez---von-maennern-und-frauen-25607756
Zunächst sind da Ansichten von Paris: Wann ist diese Stadt je so menschenleer? In den frühesten Morgenstunden? Wim Wenders’ neuer Film „Die schönen Tage von Aranjuez“ gibt diesbezüglich keine Auskunft. Er führt bald in einen wunderschönen Garten, zu dem ein Haus gehört: nicht klein, nicht groß und eher alt. Liebevoll tastet die Kamera das bejahrte Mobiliar ab, eine Wurlitzer-Musikbox gehört auch dazu. Eine Uhr tickt. Ein Schriftsteller lebt hier; wir sehen ihn hinter seiner Schreibmaschine sitzen und an einem Text arbeiten. Jens Harzer verkörpert den Künstler, der einem Paar zu lauschen scheint: Es sitzt im Garten unter einer Pergola an einem Tisch und führt ein Zwiegespräch aus Fragen und Antworten. Mann und Frau, namenlos beide, also das Paar an sich. Es geht um Erfahrungen in der Liebe, um die Kindheit, um Erinnerungen, um das Wesen des Sommers und darum, was Männer und Frauen unterscheidet – in einem langen, quasi utopischen, friedlichen Gespräch.
Dialog im Garten
Was für ein wunderschöner Tag! Was für ein schönes Anwesen! Und wie erhaben klingen doch die Worte, auch wenn es um Sex geht. Wie bereinigt vom Kreatürlichen, bereits aufgehoben in der heiligen Sphäre der Transzendenz. Und doch gibt es diese Worte: Der Schriftsteller Peter Handke hat sie verwendet in seinem Bühnenstück „Die schönen Tage von Aranjuez“, aus dem nun Wim Wenders, der bereits in „Der Himmel über Berlin“ einen Handke-Text verarbeitete, eben seine neue Regiearbeit geformt hat in der filmischen Überformung, in der Aufhebung, in der Transzendenz. Peter Handkes Ehefrau Sophie Semin verkörpert die Frau, Reda Kateb den Mann. Aus der Wurlitzer erklingen Songs von Nick Cave, der ebenfalls schon im „Himmel über Berlin“ eine Rolle spielte und hier bald leibhaftig an jenem Klavier sitzt, das sich auch in dem Haus findet. Und irgendwann springt Peter Handke selbst kurz durchs Bild – als Gärtner auf seinem eigenen Grundstück.
Nach „3 Amerikanische LPs“ (1969), „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ (1971), „Falsche Bewegung“ (1975) und „Der Himmel über Berlin“ (1987) markiert „Die schönen Tage von Aranjuez“, in nur zehn Drehtagen entstanden, die fünfte Zusammenarbeit von Peter Handke und Wim Wenders. Soviel ist wohl klar: Hier wird ein Kreis geschlossen, werden alte Verbundenheiten bekräftigt, wird eine ästhetische Bilanz auf vielen Metaebenen gezogen. Immer mal wieder trottet ein Hund niedlich um den Gartentisch herum, beschnüffelt seine Herrin, und die Frau krault das Tier, während sie weiterspricht. Dies sind Momente der Entspannung in einer sehr hochflorigen Filmerzählung, die nicht weniger thetisch wirkt als die Ansicht der menschenleeren Metropole Paris zu Beginn. Belauscht der Autor im Haus an seiner Schreibmaschine nun seine beiden Figuren, geben sie ihm den Text ein? Oder schreibt er ihnen den Text zum Gespräch, das sie gerade führen? Jedenfalls liegt auf dem Tisch in diesem paradiesischen Garten ein Apfel.
Die Schlange indes zeigt sich nicht. Vielleicht ist kein Platz für sie inmitten all der Überhöhung. Angesichts von Sätzen wie „Dank der tiefen Stille gewann die Erde an Tiefe.“ Der Hochgestimmtheit des literarischen Textes entspricht eine gewisse Entfleischlichung der Szenerie, mag sie auch noch konkret sein. Wenn die Frau, vom Mann befragt nach ihrer ersten Liebesnacht, Auskunft gibt, meint man eher eine Vestalin wahrzunehmen als eine Geliebte, die gerade defloriert wurde. Als der Mann einmal das Verb „ficken“ gebraucht, weist sie ihn zurück, lächelnd zwar, aber doch.
Die Frage ist: Braucht der schöne Text von Peter Handke wirklich diese schönen 3D-Bilder von Wim Wenders? Denn vollkommene Schönheit ist das alles; und wenn man sich ihr willig ergibt, verfällt man bald dem gleichmäßigem Flow eines scheinbar ereignislosen Erzählens ohne Handlung, in dem Erinnerungen zu Werkzeugen der Zukunft werden sollen, so in etwa Handkes Worte, wenn wir sie denn richtig verstanden haben. Überall schwingt hier eine große Sehnsucht nach Göttlichkeit und Transzendenz, in den Worten wie den Bildern.
Hochgestimmtheit
Und doch bricht sich auch die Banalität immer wieder machtvoll Bahn im Zuschauer: Interessiert schaut er an, wie Peter Handke so lebt irgendwo bei Paris – das alte Haus wurde im späten 19. Jahrhundert gebaut; Sarah Bernard hat hier gewohnt, es war ihr Landsitz. Wohlwollend mustert man als Zuschauer Handkes Gattin Sophie Semin – eine schöne Frau. Neugierig fragt man sich vielleicht noch, wie oft Wenders und Handke wohl schon gemeinsam ein Glas Wein getrunken haben unter der Pergola am Gartentisch. „Lieben ist, von diesen zerbrechlichen Männern ergriffen zu sein“, sagt die Frau im Stück und Film einmal und feiert mit Worten „die Monarchie der Frau eines Mannes“. Bis die Kakophonie der Großstadt dieses unmögliche Idyll erreicht.
„Die schönen Tage von Aranjuez“ markiert die fünfte Zusammenarbeit von Peter Handke und Wim Wenders, nach „3 Amerikanische LPs“ (1969), „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ (1971), „Falsche Bewegung“ (1975), „Der Himmel über Berlin“ (1987).
Der Film entstand in nur zehn Drehtagen bei Paris. Darin sitzen ein Mann und eine Frau die überwiegende Zeit an einem Gartentisch und reden miteinander.
Eine Art Schlüsselsatz lautet: „Hatten wir denn nicht vereinbart: Keine Handlung – nichts als Dialog?“
Credits: Die schönen Tage von Aranjuez Dtl./ Frankr. 2016. Regie: Wim Wenders, Drehbuch: Wim Wenders, nach dem Stück von Peter Handke, Kamera: Benoît Debie, Darsteller: Jens Harzer, Sophie Semin, Reda Kateb;
97 Minuten, Farbe.
– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/25607756 ©201797 Minuten, Farbe.
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B.Z. traf den Regisseur in Venedig, wo er seinen neuen Film „Die schönen Tage von Aranjuez“ vorstellte.
Ein harter Brocken! Man kann es nicht anders sagen. Was Wim Wenders mit seinem Film „Die schönen Tage von Aranjuez“ nach dem Theaterstück von Peter Handke dem Filmfestival von Venedig im Wettbewerb serviert, ist keine leichte Kost: Ein Mann und eine Frau, beide namenlos, sitzen in einem Sommergarten, sie reden über die Liebe, meist redet sie. Mal rollt ein Apfel, einmal steht der Mann auf, ansonsten sitzen sie und reden 97 Minuten lang.
B.Z. traf Wim Wenders am Lido im Garten des Hotels Villa Mabapa zum Gespräch.
Herr Wenders, in Ihrem Film heißt es, es gebe keine glückliche Liebe. Sehen Sie das auch so?
Nun, mein griechischer Chor im Form einer Jukebox widerspricht dem am Ende des Films, sie singt ein hohes Lied auf die Liebe. Sie hält die Liebe aufrecht.
http://www.fnp.de/nachrichten/kultur/Neue-Technik-veraltet-schnell;art679,2196460
http://www.deutschlandradiokultur.de/wenders-ford-chazelle-venedig-zeigt-erste-oscarkandidaten.2168.de.html?dram:article_id=364872
https://www.google.com/url?rct=j&sa=t&url=http://www.augsburger-allgemeine.de/kultur/Wim-Wenders-Dreh-von-Die-schoenen-Tage-von-Aranjuez-war-sehr-familiaer-id38954607.html&ct=ga&cd=CAEYACoTMTMzNTczMDQ4ODc2NjE3MTg1MjIZNTdkMGYwYWYzODRlZmI5YzpkZTpkZTpERQ&usg=AFQjCNF_JLbi5m2XbpwvXVPf0toSuJ07VA
https://www.google.com/url?hl=en&q=https://www.google.com/url?rct%3Dj%26sa%3Dt%26url%3Dhttp://www.augsburger-allgemeine.de/kultur/Wim-Wenders-Dreh-von-Die-schoenen-Tage-von-Aranjuez-war-sehr-familiaer-id38954607.html%26ct%3Dga%26cd%3DCAEYACoTMTMzNTczMDQ4ODc2NjE3MTg1MjIZNTdkMGYwYWYzODRlZmI5YzpkZTpkZTpERQ%26usg%3DAFQjCNF_JLbi5m2XbpwvXVPf0toSuJ07VA&source=gmail&ust=1473377715336000&usg=AFQjCNFCxKHj6IqqSdRUwyQSMIxkWU1xKA
http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article157939889/Der-Mogul-bruellt-am-Pool.htmL
http://www.deutschlandradiokultur.de/wenders-ford-chazelle-venedig-zeigt-erste-oscarkandidaten.2168.de.html?dram:article_id=364872
Un écrivain allemand compose en sa demeure l’ébauche de sa prochaine œuvre. Par la fenêtre, il voit s’esquisser dans le jardin ses deux personnages en pleine discussion : un homme et une femme attablés qui se racontent l’un à l’autre. Lui l’interroge sur son parcours sexuel et digresse en évoquant la nature environnante. Le cinéaste de Paris Texas adapte ici le texte de la pièce de Peter Handke qu’il retrouve après les Ailes du désir. Cette tentative de filmer le discours amoureux en 3D semble d’autant plus vaine que l’ensemble paraît figé et dénaturé. Rien n’y fait, pas même un cameo de Nick Cave poussant la chansonnette al fresco. C.Ga. http://next.liberation.fr/cinema/2016/11/08/vite-vu_1527094
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Wim Wenders zur Wahl von Trump„Das Kino muss sich einmischen“
Zum Start seines Films "Die schönen Tage von Aranjuez" spricht er über seine Arbeit mit dem Schriftsteller Peter Handke, 3D-Filme - und warum er das Kino nach der US-Wahl in der Pflicht sieht.
VON KASPAR HEINRICH
- Zur Person
- Der mehrfach preisgekrönte Regisseur Wim Wenders, geboren 1945 in Düsseldorf, machte sich nach seinem Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film in München ab den 70er Jahren einen Namen als Autorenfilmer und Fotograf. Mit "Der amerikanische Freund" wurde er 1974 auch in den USA berühmt. Er erhielt eine Einladung zur Zusammenarbeit vom US-Regisseur Francis Ford Coppolla und lebte über 15 Jahre in den Vereinigten Staaten. Heute gilt er als einer der angesehensten zeitgenössischen deutschen Filmemacher.
Herr Wenders, warum haben Sie seit dem Erfolg von „Der Himmel über Berlin“ fast 30 Jahre nicht mehr mit Peter Handke zusammengearbeitet?
Wir hatten schon andere Projekte, zum Beispiel einen Amerika-Film nach Peter Handkes „Langsame Heimkehr“. Aber es war dann zu komplex und zu schwierig, es zu finanzieren. Dann schrieb Peter ein Drehbuch, „Kali“, von dem er hoffte, ich würde es verfilmen. Aber ich lebte gerade in den USA, und es hätte in Deutschland gedreht werden müssen. Seitdem sagten wir immer, wir müssen mal wieder was auf die Reihe kriegen. Dann schickte er mir eines Tages die „Schönen Tage“.
Ursprünglich sollten Sie den Text fürs Theater inszenieren.
Ja, aber ich merkte von der ersten Seite an, wie gerne ich das draußen in der Natur inszenieren würde, als Film. Es beginnt ja mit einer schönen Beschreibung: das Paar auf der Terrasse, unter den Bäumen. Im Theater sind Bäume nur Schatten oder tote Bühnenbäume, und das Rauschen der Blätter kommt aus Lautsprechern.
Seit „Pina“ sind Sie ein Verfechter der 3D-Technik, auch „Die schönen Tage von Aranjuez“ haben Sie so gedreht. Warum ist das im Autorenkino noch nicht verbreitet?
Weil es eigentlich schon wieder vorbei ist. Die Technik ist dermaßen ausgebeutet und ausgepowert worden durch all die Mistfilme, die damit produziert wurden, dass Arthouse-Kinos und -Verleiher es inzwischen strikt ablehnen, etwas anderes in 3-D zu zeigen als Animation oder Action. Was einen nicht verwundert bei der effekthascherischen Weise, in dem diese Bildersprache bislang eingesetzt wurde.
Ihr Dokumentarfilm „Pina“ war doch sehr erfolgreich.
Aber es kam nichts nach. Das Fernsehen hat sich zurückgezogen, es gibt keinen Sender mehr in Europa, der 3D zeigt. Die Industrie hat sich ebenfalls abgewendet, weil wegen des Mangels an Content auch keine 3D-Fernsehgeräte mehr gekauft werden. Dadurch will auch das Publikum 3D nicht mehr, zumindest nicht in einem Film, der etwas Ernsthaftes erzählt. Ich habe mein Bestes gegeben als Rufer in der Wüste, aber außer dem Meisterwerk von James Cameron, „Avatar“, ist wenig passiert. Scorsese drehte „Hugo Cabret“, Ang Lee „Life of Pi“, das war’s schon.
Sie wurden durchs amerikanische Kino sozialisiert und haben lange in den USA gelebt. Mit welchen Gefühlen betrachten Sie, was dort gerade mit Trump vor sich geht?
Der nackte Horror. Wenn ich nicht insgesamt 15 Jahre da gelebt hätte und nicht wüsste, dass es dort ein grundsolides demokratisches Gerüst gibt, dann hätte ich größte Sorgen. Die mache ich mir auch, aber ich denke, die Amerikaner werden den Mann überleben. Ich weiß nur nicht, wie groß der angerichtete Schaden sein wird und wie das Land die nächsten Jahre ohne Bürgerkrieg oder bürgerkriegsähnliche Zustände überstehen soll. Wie will es diese krass rassistische Haltung, diese Verachtung sowohl von Armut als auch von allen „Anderen“, von Mexikanern, Ausländern überhaupt, Muslimen im Besonderen unterm Deckel halten? In den USA schwelen immer schon Rassenkonflikte. Ich denke, es wird krachen und richtig Ärger geben, wenn die Armen merken, dass sie alle noch ärmer werden und bald auch noch ihre Versicherung los sind.
War die Anfälligkeit der USA für einen populistischen Präsidenten vorhersehbar?
Nein. Ich hätte alles darauf verwettet, als Trump die ersten Primaries gewann, dass es einen Erdrutschsieg für die Demokraten geben würde und die Republikaner mit Pauken und Trompeten untergehen. Im Grunde ist ein Politiker wie Trump immer noch undenkbar, weil sein Verhalten nicht vereinbar ist mit moralischen Standards. Im Kino ist Narzissmus eine witzige Sache. Über den irgendwie selbstverliebten Vater in „Toni Erdmann“ kann man lachen, aber man will ihn nicht als US-Präsidenten. Obwohl: Ich würde ihn noch eher nehmen, inklusive seines Kostüms. Simonischek for President.
Viele Kulturschaffende haben deutlich gegen Trump Stellung bezogen. Gibt es eine Pflicht zur politischen Einmischung?
Ich ziehe auch meinen Hut vor Meryl Streep. Es gibt die Pflicht für das Kino, sich einzumischen, weil die anderen audiovisuellen Medien sich in großem Maße ausgeklinkt haben. Gerade in Amerika ist das Fernsehen irrelevant geworden, eine Form von Entertainment, für die einer wie Trump das gefundene Fressen ist. Das Kino hat geradezu die Aufgabe, „Politik“ im weitesten Sinne wieder miteinzubeziehen – da gibt es ja eine lange Tradition –, weil es keine andere Stimme gibt, die das noch tut. Das Kino ist ein privilegierter Ort, an dem man sich für anderthalb bis zwei Stunden einem Erzähler anvertraut, und der kann in dieser Zeit in den Köpfen der Menschen mehr auslösen als jede Fernsehsendung oder Youtube.
Welchem Thema sollten sich die Filmemacher denn stärker widmen?
Dem Klimawandel, denn dessen Leugner sind jetzt überall an der Macht. Als Barack Obama zuletzt in Berlin war, nannte er das Klimaabkommen das wichtigste seiner Abkommen. Wenn Trump es cancelt, hätte das katastrophale Folgen für die Zukunft unseres Planeten.
„Land of Plenty“ haben Sie nach dem 11. September gedreht, aus Zorn. Macht Sie im Moment etwas derart wütend, dass es Sie zu einem Film motivieren könnte?
Es gibt Kollegen, die können das besser. Michael Moore zum Beispiel, für den ist Zorn ein hervorragender Antrieb.
Auch für Ken Loach.
Ja, für Ken ist das ein Lebenselixier. Aber bei mir entfaltet Zorn nie eine sonderlich kreative Wirkung. Selbst in „Land of Plenty“, der ja aus Wut über den Irakkrieg entstanden ist, wurde aus dem patriotischen Volltrottel in der Hauptrolle letztlich eine liebevolle Figur. Ich habe das einfach nicht drauf, ich kann nicht aus Zorn heraus arbeiten.
Das Gespräch führte Kaspar Heinrich.
Der Film "Die schönen Tage von Aranjuez" läuft ab dem 26. Januar in den Berliner Kinos Cinemaxx Potsdamer Platz, Kant, und Kulturbrauerei, OmU in den Hackeschen Höfen.
Wim Wenders' Peter-Handke-Adaption „Les Beaux Jours d'Aranjuez“ erscheint in dem sonst (zu) ruhigen Festivalprogramm am Lido regelrecht radikal. http://diepresse.com/home/kultur/film/5081150/Venedig_Ein-Zweipersonenstuck-in-3D
Peter hatte mir das Stück schon geschickt, bevor es veröffentlicht wurde, mit der Frage, ob ich interessiert sei, das als Uraufführung im Theater zu machen. Das habe ich mir reiflich überlegt und mich dann entschieden, dass ich dem Text besser gerecht werden könnte, wenn ich ihn draußen in der Natur inszenieren könnte, als Film. Auf einer Bühne, da war ich mir sicher, könnten andere das besser....wIM WENDERS
https://outnow.ch/Movies/2016/BeautifulDaysOfAranjuez/Review/
Ein Autor (Jens Harzer) sitzt in seinem Häuschen in einem Pariser Vorort hinter seiner Schreibmaschine. Als er zu tippen beginnt, werden seine Figuren zum Leben erweckt: Eine Frau (Sophie Semin) und ein Mann (Reda Kateb) sitzen in seinem Garten im Grünen und tauschen sich über Themen wie Sex, Kindheit und den Sommer aus. Es zeigen sich die Unterschiede in ihren entsprechend weiblichen und männlichen Sichtweisen. Ist es der Autor, der ihnen die Worte in den Mund legt oder füttern die beiden ihn mit Sätzen, die er niederschreiben kann?
s Beaux Jours d'Aranjuez, le réalisateur fait dialoguer Sophie Semin et Reda Kateb sur le texte de Peter Handke. Un film en 3D proche de la nature et des plaisirs simples.
Sur une pièce écrite en français de son vieil ami Peter Handke, Les Beaux Jours d'Aranjuez, Wim Wenders invente un film adagio en 3D. Une maison douce à la campagne, l'été, un couple (Reda Kateb et Sophie Semin) sous la pergola. Ils parlent du désir, de l'extase, de l'amour et du temps, de la beauté, de la tristesse, de ce que c'est ... http://www.lefigaro.fr/cinema/2016/11/08/03002-20161108ARTFIG00296-wim-wenders-les-ailes-du-paradis.php
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L'avis du Masque sur "Les Beaux Jours d'Aranjuez" de Wim Wenders : "Un ennui abyssal"
Publié le lundi 21 novembre 2016 à 13h38
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